Google und die Medien – zuerst Feinde, jetzt Freunde

150 Millionen Euro will Google in den europäischen Journalismus investieren. Acht Zeitungen wie „Guardian“, „Zeit“ und „FAZ“ sind an Bord. Lassen sie sich kaufen?

Ein Satz sagt mehr als tausend Worte. Als Mathias Müller von Blumencron, Digital-Chef der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, die Nachricht über den überraschenden Deal seines Verlags mit Google vertwitterte, schrieb er: „Wir sind skeptisch optimistisch.“ Zeitungen wie der „Guardian“ und die „Financial Times“, die spanische „El Pais“ und die italienische „La Stampa“ gaben am Dienstag in London bekannt, dass sie sich an der „Digital News Initiative“ beteiligen, für die Google in den kommenden drei Jahren 150 Millionen Euro locker machen will.

Gar nicht optimistisch, dafür umso skeptischer sehen dies nicht nur die meisten anderen Medien Europas, sondern auch Wettbewerbshüter und Verlegerverbände, wie der VÖZ in Österreich. Denn es entsteht der Eindruck, Google kaufe sich bei renommierten Medienhäusern frei, um die kritischen Stimmen gegen den Digitalriesen einzudämmen. VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger sagt: „Google hat Kreide geschluckt, sein Geschäftsmodell hat der Web-Gigant jedoch beibehalten.“

Belohnung für „brave Medien“

Tatsächlich sieht der Deal bei näherer Betrachtung nach einem geschickten Marketingzug von Google aus. In Europa hat der Suchmaschinenriese einen Marktanteil von 90 Prozent – auch deswegen weht dem Unternehmen seit einiger Zeit ein rauer Wind entgegen. Die EU-Kommission hat Mitte April nach fünfjähriger Prüfung eine Kartellklage gegen Google eingebracht. Sie wirft dem Unternehmen vor, seine marktbeherrschende Stellung in Europa missbraucht zu haben. Als Frankreich vor zwei Jahren die Einnahmen von Google versteuern wollte, ließ das Unternehmen 60 Millionen Euro springen. Und die Steuerpläne waren vom Tisch. Bestechung geglückt, hieß es damals. Und schließlich haben große deutsche Verlage, wie Springer („Bild“, „Welt“) und Burda lange um eine „Lex Google“ gekämpft, ein Gesetz, das Suchmaschinenanbieter verpflichtete, für die kurzen Anreißer von Zeitungsartikeln zu bezahlen.

Das Gesetz kam 2013, doch Google drohte, die Texte einfach nicht mehr anzuzeigen – und die Verlage knickten aus Angst vor sinkenden Zugriffszahlen ihrer Webseiten ein und erteilten dem Suchmaschinenanbieter eine „widerrufliche Gratiseinwillung“. Eine peinliche Posse. Nun machen ausgerechnet Medien wie „Die Zeit“ und die „FAZ“, die sich aus der Leistungsschutzrecht-Debatte heraushielten, gemeinsame Sache mit Google. Natürlich müssen sie sich gefallen lassen, dass manche munkeln, hier würden „brave“ Medien nachträglich belohnt.

Besser Kooperation als Konfrontation – mit diesem Motto will Google Europas Verlage überzeugen. Schon bisher gab es sich bei Medientagungen gerne als hilfsbereiter Partner der (Digital-)Journalisten. Die „Digital News Initiative“ geht über die Partnerschaft mit den acht Gründungs-Medienhäusern hinaus: Google will Innovationen im digitalen Nachrichtenjournalismus finanzieren. Vorschläge dafür einreichen kann jeder Verlag, jedes Online-Medium, jedes IT-Startup. Dazu wird es Schulungen für Digital-Kompetenz geben. Es sieht so aus, als habe Google die Vision, dass irgendwann jeder Journalist sagen kann, er sei in dieser oder jener Sache von Google unterstützt worden.

Während in London die Details des Google-Medien-Pakts präsentiert wurden, diskutierte man in Wien bei der Präsentation des aktuellen ORF-Public-Value-Jahresberichts darüber, ob „Google, Apple und Co. die digitale Welt von morgen beherrschen“ werden. ORF-Chef Wrabetz betonte zwar, „was Google zur medialen Entwicklung beigetragen habe“, sei nicht zu unterschätzen. Dennoch würde es jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag an Werbung aus Europa abziehen. Er zweifle also, ob die 150 Millionen Euro an ausgewählte Verlage „ein Angebot auf Augenhöhe“ seien, „oder ob da nur ein paar Glasperlen an Einzelvertreter lokaler Eliten verteilt werden.

Deutlich optimistischer sind übrigens Experten wie der US-Professor Jeff Jarvis. Er glaubt an die neue Initiative, Zusammenarbeit sei besser als Protektionismus. Warnender sind die Worte von Matthew Ingram. Dem Online-„Profil“ sagte der Digitalexperte gerade wieder, wie viel Einfluss Google und Facebook schon heute auf die Verbreitung von Nachrichten haben: „Sie sind wie ein Magier, der nicht in seine Trickkiste blicken lassen will“, sagte er bezogen auf ihre undurchschaubaren Algorithmen. Bleibt die Frage, ob man mit dem Magier Geschäfte machen will, auch wenn er einem seine Tricks nie erklärt.

Der teuerste Tag

36.000 Ehen werden jedes Jahr geschlossen. Die Formel Standesamt/Kirche und zum Wirt ums Eck gilt längst nicht mehr. Ob klein oder groß, die Feier muss ungewöhnlich sein.

Irgendwann zwischen dem letzten April- und dem ersten Mai-Wochenende beginnt sie, zumindest in unseren Köpfen: die Hochsaison für das Ja-Sagen. Das Wetter ist endlich, die vielen Feiertage erleichtern das Freinehmen vor und nach dem Fest für Brautpaar, Familie und Freunde– und der Frühling steht ja immer irgendwie für Neuanfang.

Untersucht man die Zahlen der Statistik Austria, zeigt sich aber: Der Mai ist schon seit Jahren nicht mehr beliebtester Hochzeitsmonat. 2013 wurde am häufigsten im August geheiratet, 2012 und 2011 im Juni. Zudem lässt sich ein Faible für Zahlenspiele erkennen: Von 2001 bis 2012 gab es stets in jenem Monat (deutlich) mehr Hochzeiten, der numerisch zur Einerstelle der Jahreszahl passte (also: 2006 im Juni, 2010 im Oktober, aber auch im änner 2001 und im Februar 2002 waren es ungewöhnlich viele Hochzeiten für diese Jahreszeit). Spitzenreiter war der 8.8.2008.

Insgesamt geht die Zahl der Eheschließungen zurück, wenn auch nicht so dramatisch, wie viele glauben. Wurden in den 1990ern zwischen 42.000 und 45.000 Ehen pro Jahr geschlossen, sind es seit einiger Zeit 35.000 bis 39.000 (2005). Leicht gehen auch die kirchlichen Trauungen zurück: 2003 waren es noch 12.545, zehn Jahre später sind es 11.155.

 

Ein Tag ist nicht genug: Heirate lieber ungewöhnlich

In der gehobenen Mittelschicht ist es schon länger schick, kostspielige Hochzeitsgalas für mehrere hundert Gäste auszurichten.

Eine Fotoecke mit skurrilen Utensilien für die Gäste des Brautpaars gehört aktuell zur Minimalausstattung einer modernen Hochzeit. Bunte Brillen, Perücken oder Sprechblasen, in die man Glückwünsche für das Paar schreiben kann, bringen alle zum Lachen – und am Ende eines langen Tages Leichtigkeit in eine Sache, die bei vielen monatelang generalstabsmäßig geplant wurde.

Kutschenfahrt, berühmte Sänger, supergeschmackvoll dekorierte Galatische, mitternächtlicher Hotdog-Stand– die eigene Hochzeit wird in der gehobenen Mittelschicht gern als teures Großevent inszeniert, das schnell 20.000 bis 40.000Euro kostet. Das Schmalspurprogramm „Standesamt, Kirche, Wirt ums Eck“ ist schon sehr lange mehr Ausnahme als Regel. Brautpaare wollen heute nicht nur einfach vor Zeugen Ja sagen. Vielleicht, weil sie sich im Durchschnitt länger Zeit lassen mit dem Heiraten – und wenn es so weit ist, mit Ende 20, Anfang 30, will man dem bis dahin durch Studium, Auslandsaufenthalte und erste Berufsjahre ordentlich angewachsenen Freundes- und Bekanntenkreis nicht nur zeigen, wie gern man einander hat, sondern dass man verdammt noch mal eine wirklich fette Party feiern kann.

Wer schon in der Traumwohnung wohnt, am Anfang einer vielversprechenden Karriere steht und sich die gewünschten Autos, Reisen und/oder Hobbys dank Einkommen und/oder dem entsprechenden familiären Background leisten kann, der muss nur noch in der letzten Disziplin namens „Super-Wedding“ reüssieren. Also wird entweder wirklich groß in Palais, Schlössern oder (wenn auch in Österreich eher seltener) auf dem Privatgrundstück gefeiert. Oder besonders individuell, in Südfrankreich oder Italien oder an ganz speziellen Locations. Das Haus im (Neusiedler-)See der Familie Eselböck etwa lebt in den Sommermonaten gut von Hochzeiten.

Wenn ein oder beide Teile des Brautpaars eine Zeit im Ausland studiert oder gelebt haben oder nicht an ihrem Wohnort feiern, wird die Hochzeitsfeier schnell zum Dreitagesfest, in manchen Kreisen gar mit striktem Dresscode: Tracht bei der Soirée am Vorabend. Cut in der Kirche am Nachmittag. White Tie (bodenlanges Ballkleid für sie, schwarzer Frack für ihn) beim abendlichen Gala-Dinner. Sportlich-leger und mit Sonnenbrille beim Brunch am Tag danach. Dass Gäste für Outfits und Hotelzimmer selber aufkommen, ist dabei selbstverständlich.

Dass Hochzeiten von Kindern aus bürgerlichen oder aristokratischen Familien heute in der Regel größer sind, als die ihrer Eltern vor 30 Jahren, lässt sich erklären. Weil Freundeskreise dank Studium, sozialer Netzwerke und Berufe beider Partner noch einmal größer sind als früher – und wenn man Glück hat, der Wohlstand in einer Generation sich gesteigert hat. Den Rest hat die US-Eventkultur erledigt. Wer regelmäßig die „Wedding“-Seiten der Wochenendausgabe der „New York Times“ liest, erfährt fast nur von Hochzeiten der Upper- oder Middleclass in der eben beschriebenen Dimension.

 

Das Fest für andere planen

Weddingplanner sind die Cupcake-Bäcker der Eventbranche.

Seit sechs Jahren betreibt Ingrid Loss ihre „Hochzeitswerkstatt“ in Wien Währing. Als sie begonnen hat, habe es nur 60 Mitbewerber gegeben, „heute sind es sicher an die 200“, schätzt sie. Auch Diana Gruber und Miriam Kanneberger beobachten, dass sie immer mehr Konkurrenz bekommen. Seit 15 Jahren bieten sie mit ihrer Agentur Weddingplanner Hochzeitsberatung an. Jüngst seien viele junge Unternehmer mit Dumpingpreisen auf den Markt gedrängt. Nicht zuletzt, weil man sich heute auch beim Wifi einfach zum Eventmanager ausbilden lassen kann. In der Eventbranche sind die Weddingplanner also so etwas wie die Cupcake-Bäcker in der Patisseriewelt.

Das dürfte allerdings auch an der zunehmenden Nachfrage liegen. Vom Rundum-sorglos-Paket bis zu einzeln buchbaren Leistungen wie der Organisation des Caterings, der Blumen oder der Musik wird alles angeboten. Die Komplettorganisation einer standesamtlichen Trauung beginnt in der Hochzeitswerkstatt bei 1890 Euro, bei kirchlichen Trauungen bei 2490 Euro. Maryan Yeganehfar gehört die Wiener Yamyam Event Production, die seit 2008 auch Hochzeitsplanungen anbietet, darunter häufig mehrtägige Auslandshochzeiten. Ihr Komplettpaket beginnt erst bei 30.000 Euro „und ist nach oben offen“. Wie lang braucht man, um eine Hochzeit zu planen? „Ein Jahr im Voraus ist schön, aber ich habe auch schon Hochzeiten in vier Tagen geplant“, sagt Yeganehfar. Eine echte Notsituation: Das Brautpaar brauchte dringend Hilfe, weil alle Lieferanten plötzlich abgesprungen waren.