Deutschlands Frau der Liste

Die Bloggerin Juliane Leopold leitet seit Kurzem den deutschen Ableger von Buzzfeed in Berlin. Ein Gespräch.

Die einen haben ihre Erfahrungen gemacht und ziehen wieder ab, die anderen kommen erst jetzt. Vergangene Woche gab der US-Verlag Dow Jones & Company bekannt, seinen Online-Ableger Wall Street Journal Germany mit Jahresende einzustellen. Nach fast drei Jahren auf dem Markt – Start war im Jänner 2012 – wird das Bezahlportal für Wirtschaftsnachrichten zugesperrt. Die türkische Edition gleich mit dazu. Die Zugriffszahlen von unter einer Million Visits im Monat entsprachen nicht den Erwartungen. Die deutschsprachige Konkurrenz von „Handelsblatt“, „Manager Magazin“ und „Wirtschaftswoche“ war mit bis zu 18 Millionen Visits pro Monat nicht einholbar. Traurig und geknickt sind die WSJ-Deutschland- Redakteure, die für ihre Arbeit sehr gelobt wurden. Die Aufmunterung ihrer Kollegen auf Twitter tröstet nur bedingt.

Feministischer Blog

Juliane Leopold lässt sich von solchen Nachrichten nicht unterkriegen. Sie leitet seit dem Sommer den deutschen Ableger der US-Webseite Buzzfeed. Gründer Jonah Peretti wurde mit der Idee, verschiedene Themen anhand von Listen zu erklären, erfolgreich – und drängt nun in nicht englischsprachige Märkte (derzeit arbeiten 600 Mitarbeiter in acht Ländern). Die 31-jährige Leopold ist nicht unbekannt in der Digitalszene. Sie war Social-Media-Redakteurin bei „Die Zeit“ und führt u. a. mit „#Aufschrei“-Initiatorin Anne Wizorek den feministischen Blog Kleinerdrei.org.

In ihrem Büro, das sich standesgemäß für die Mediendigitalszene in Berlin-Mitte befindet, hallt es noch, weil so frisch bezogen und leer. Gemeinsam mit vier Mitarbeitern betreut Leopold den Buzzfeed-Ableger und erstellt Artikel und Fotostorys wie „21 Sätze, die jeder Serienjunkie kennt“ oder „Diese Sätze wollen wir in Deutschland nicht mehr hören“. Im Unterschied zur vor einem Jahr gestarteten Deutschland-Ausgabe der Huffington Post erscheinen auf Buzzfeed Deutschland auch Texte auf Englisch. „Weil unser Publikum Englisch lesen und schreiben kann“, sagt Leopold. Zielgruppe sind junge, gut ausgebildete, auslandserfahrene und Social-Media-affine Menschen, die schon bisher gern die englische Ausgabe von Buzzfeed gelesen haben. Dennoch komme 70 bis 80 Prozent des Inhalts bereits aus Deutschland. „Mittelfristig sollen das 100 Prozent sein.“ Doch von der Mutterseite lässt man sich natürlich gern helfen, während der Midterm Elections in den USA etwa gab man über Nacht „einfach weiter an unsere Kollegen und ihre Wahlberichterstattung“.

Wie viele Klicks sie in welchem Zeitraum bringen muss, verrät Leopold nicht. Sie sei aber für sich gescheitert, „wenn wir keine neuen Ideen für Posts haben“. Auch auf Fragen zur Konkurrenz wie HuffPo oder der deutschen Seite Heftig.co antwortet sie ausweichend. „Wir sind einmalig“, sagt sie, „wir bieten Informationen und Unterhaltung für Menschen, die schon sehr viel lesen. Es geht darum, dass sie sich gemeint fühlen.“ Der Unterschied zu anderen Seiten sei: „Bei einer Buzzfeed-Überschrift wissen Sie zu hundert Prozent, was sie erwartet.“

(© Buzzfeed)