90 Jahre Radio: Das „Jugendzimmer“ als Tor zur Welt

Das FM4-»Jugendzimmer« gibt es nicht mehr. Erinnerung an den Sommer 1998, in dem ich dort zu Gast war.

Als der Sender FM4 1995 on air ging, eröffnete sich für mich eine neue Welt. Eine mit Musik, die ich bis dato auf Ö3 und in den CD-Verkaufsecken der karg und lieblos bestückten Libro-Filialen nicht entdeckt hatte. Aber auch eine der Satire, der Ironie und des Austauschs. Freitagabend war das Highlight der Woche mit Ster- und Grissemanns „Salon Helga“, deren Humor ich erst nach und nach verstand, und der Techno-Sendung „La Boom De Luxe“, die nach Freiheit klang. Es gab Zeiten, da wollte ich freitags lieber zu Hause bleiben und Radio hören, als mich für die Tanzschule aufzubrezeln und danach in irgendeinen Stadtrandclub zu stellen, schließlich gab es weder Podcasts noch Radio-Streams. Die besten Szenen aus „Salon Helga“ spielten Freundin Carina und ich uns am Samstag in der Schule auf Kassette vor.
Besonders gern hörte ich das „Jugendzimmer“. Elisabeth Scharang besuchte jede Woche andere Jugendliche aus unterschiedlichsten Milieus, ließ sie erzählen und spielte ihre Musik. In meinem Jugendzimmer sitzend fühlte ich mich den mehr oder weniger Gleichaltrigen verbunden.
Im Sommer 1998 nahm ich meinen Mut zusammen und lud die „Jugendzimmer“-Redaktion per Brief (!) in das Ferienlager am Wolfgangsee, in dem ich seit Jahren meinen Sommer verbrachte. Und Scharang kam, sprach mit mir und Sommerlagerfreund Michael und spielte unsere Musik. Ich war während der Sendung viel mutiger als danach, als mir bewusst wurde, wie viel Stumpfsinn ich in der Aufregung geplappert hatte.
Diese Woche hat das „Jugendzimmer“ Sendeplatz (Dienstag, 21 Uhr) und Name („FM4 auf Laut“) gewechselt. Die Sendung höre ich schon lange nicht mehr, aber durch sie bin ich zur Radiohörerin geworden.