Mit Zeitraffer auf Klickfang: Österreich in fünf Terabyte

Peter Jablonowski und Thomas Pöcksteiner haben das „Timelapse“-Video über Österreich gedreht, das derzeit im Internet die Welt erobert.

Filmspektakel, Jablonowski, PöcksteinerFoto: Clemens Fabry

Seminararbeiten an der Uni versität können mitunter den Grundstein für die spätere berufliche Tätigkeit legen. So war das auch bei  Peter Jablonowski und Thomas Pöcksteiner. Die beiden Anfang Zwanzigjährigen studieren an der FH St. Pölten Medientechnik, vor zwei Jahren sollten sie eine Arbeit zum Thema Zeitraffer (Englisch: „time lapse“) abliefern. So entstand ein kurzer Clip mit gerafften Aufnahmen von Wien, der ihnen viel Aufmerksamkeit bescherte – und sie auf die Idee brachte, das Projekt auf Österreich auszuweiten. Das Endergebnis, ein knapp drei Minuten langes Video mit Zeitrafferbildern von Österreichs Bergen, Seen und Landeshauptstädten, unterlegt mit Kuh- wie Kirchglocken geläut und Funkaufnahmen von Felix Baumgartners Stratossprung, haben sie am vergangenen Montag auf den Videoplattformen YouTube und Vimeo hochgeladen – seither geht es in ihrem kleinen Kellerstudio nahe dem Wiener Westbahnhof rund, in dem ihre Produktionsfirma Filmspektakel residiert.

Die Dreiminuten-Hommage an Österreich wurde bereits über 1,3 Millionen Mal aufgerufen. Internationale Medien wie der britische „Independent“ schrieben über das „beautiful video“ (nicht ohne das Wort „Gemütlichkeit“ einzubauen) und Innovationsblogs wie jener der „Washington Post“ schrieben über die Technik dahinter.

Zwei Jahre haben die beiden an dem Kurzfilm gearbeitet. Dafür haben sie Alpenstraßen und Aussichtsplattformen im ganzen Land aufgesucht, an den geeigneten Plätzen das Stativ einer ihrer Spiegelreflexkameras aufgebaut und stundenlang Fotos geschossen, von der Morgendämmerung bis in die Nacht. So entstanden aus 600 Aufnahmesessions fünf Terabyte Rohmaterial, die auf insgesamt 15 Festplatten lagern. Die größte Herausforderung bei dem Projekt, sagen sie unisono, sei das Wetter gewesen. „Es kam oft vor, dass wir an einen Ort gefahren sind, und dann hat das Wetter nicht gepasst. Am Dachstein saßen wir stundenlang in der Wolke“, erzählt Jablonowski.

Den Zeitpunkt der Veröffentlichung haben die beiden unbewusst klug gewählt. Wegen des bevorstehenden Song Contest in Wien steht Österreich heuer global stärker im Mittelpunkt als sonst; und dann wurde gerade wieder die aktuellste Mercer-Studie zur Lebensqualität bekannt, bei der Wien erneut auf Platz eins landete (vor Zürich und Auckland). Ihr Video „A Taste of Austria“ wirkt nun wie der bestellte Werbeclip zum Studiensieg. Kein Wunder, dass die Österreich Werbung schon seit Längerem mit Zeitrafferfotomaterial der beiden arbeitet.

Sonnenaufgänge immer gebraucht

Noch stecken die Fotografiekünstler mitten im Masterstudium, sind sich aber sicher, dass sie auch künftig ihr Geld mit Zeitrafferprojekten verdienen wollen. Es zieht sie derzeit stark ins Ausland, weshalb sie hoffen, mit ihrer Arbeit auch Aufträge aus anderen Ländern zu bekommen – „gern auch  außerhalb Europas“, ergänzen sie und lächeln erwartungsfroh. Im Geschäft sind sie jetzt schon gut. Einige ihrer Aufnahmen wurden für die Signation der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ verwendet, und Dokumentarfilmer bestellen bei ihnen Fotomaterial. „Sonnenauf- oder -untergänge werden immer gebraucht“, sagt Jablonowski. Klicks und Aufträge kommen freilich nicht von allein. Die beiden arbeiten derzeit rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. „Wochentage gibt es nicht. Wenn uns die Kassiererin im  Supermarkt ein schönes Wochenende wünscht, wissen wir, dass Wochenende ist“, sagt Pöcksteiner.

Schon im Vorjahr fielen die Studenten mit ihrer Wien-Version der „House of Cards“-Signation auf. Dabei gibt  Jablonowski zu, dass er die US-Serie nie gesehen hat, Kompagnon Thomas kam bei einem Schönbrunnspaziergang auf die Idee zum Video, weil er fand, es gäbe so viele Plätze in Wien, die jenen in Washington ähneln. Lob für ihre Version bekamen sie von den Serienmachern von Netflix und dem Produzenten der Originalsignation, wie es sich heute gehört: mit einem freundlichen Retweet auf Twitter und einem erhobenen Daumen auf Facebook. Dass nun ihr Austria-Timelapse-Video so rasch viral ging, verdanken sie übrigens auch Armin Wolf, den sie auf Twitter direkt anschrieben. Nachdem der „ZiB 2“-Moderator das Video seinen 158.000 Followern empfahl, „ging der Rest  eigentlich von selbst“, erzählen die beiden. Das ist Mundpropaganda 5.0.

Das Video:

„A Taste of Austria“ heißt das Zeitraffervideo von Peter Jablonowski, 22, und Thomas Pöcksteiner, 23, das seit Montag über 1,3 Millionen Mal im Internet abgerufen wurde. Mehr Infos: filmspektakel.at

[Bild-Credit: Clemens Fabry/Die Presse]